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07.02.2023 14:02

Entwürfe für die » ENTWICKLUNGSFLÄCHEN CAMPUS DORF - SELBECK« in Mülheim an der Ruhr - Der Wettbewerb ist entschieden

Die Theodor Fliedner Stiftung hat für die Städtebauliche Entwicklung des 4,7 Hektar großen Areals im Süden der Stadt Mülheim an der Ruhr einen städtebaulichen Wettbewerb gemäß den Richtlinien für Planungswettbewerbe RPW 2013 mit zehn teilnehmenden Büros ausgelobt. Acht Büros reichten einen Wettbewerbsbeitrag ein. 

Ein wichtiger Meilenstein für die Entwicklung am Campus Dorf in Selbeck ist erreicht: Das Preisgericht hat vier Preise vergeben. Der erste Preis ist dotiert mit 21.500 Euro und geht an das Büro bläser jansen partner GbR aus Dortmund.

Dies hat das Preisgericht in seiner Sitzung am Donnerstag, 12. Januar 2023 nach intensiver Diskussion entschieden. Den Vorsitz der Preisgerichtssitzung übernahm Frau Prof. Dr. Schröteler-von Brandt, Stadtplanerin aus Aachen.

Der zweite Preis mit 13.500 Euro geht an das Büro studiomauer GbR aus Hannover in Zusammenarbeit mit CITYFÖRSTER aus Hannover und dem Landschaftsarchitekturbüro OTT.LA Schöberl Hövelmann GbR aus München. Der dritte Preisträger, das Büro Sarah Gräfer Architektur aus Köln in Zusammenarbeit mit dem Büro AMW – Benjamin Simon aus Köln erhält ein Preisgeld in Höhe von 9.000 Euro. Der vierte Preis ist dotiert mit 6.000 Euro und geht an das Büro Trojan + Trojan Architekten + Städtebauer aus Darmstadt. Die Vorprüfung der Arbeiten sowie die Organisation des Preisgerichts übernahm das Dortmunder Büro post welters + partner mbB, Architekten und Stadtplaner BDA/SRL.

Am Preisgericht waren Vorstandsmitglieder der Theodor Fliedner Stiftung, Vertreter*innen der Stadtverwaltung und der örtlichen Politik beteiligt. Die Jury wurde komplettiert durch hochqualifizierte externe Stadtplaner*innen und Architekt*innen, auch der Gestaltungsbeirat der Stadt war beteiligt.

Die Wettbewerbsentwürfe werden für die Öffentlichkeit in einer Ausstellung im historischen Rathaus der Stadt Mülheim an der Ruhr präsentiert. Die Ausstellung ist ab dem 6. Februar 2023 für zwei Wochen zugänglich. Die Öffnungszeiten des historischen Rathauses sind Montag bis Freitag von 8:00 bis 18:00 Uhr.

ANLASS UND AUFGABENSTELLUNG

Die Theodor Fliedner Stiftung ist im Besitz des etwa 4,7 Hektar großen Areals im Süden der Stadt Mülheim an der Ruhr. Die Eigentümerin beabsichtigt, das Areal städtebaulich zu entwickeln und so die Anbindung an den Ortsteil Selbeck zu stärken.

Mit der Durchführung des vorliegenden Wettbewerbes zielte die Theodor Fliedner Stiftung als Ausloberin darauf ab, eine überzeugende städtebauliche Konzeption für das Areal zu finden, die die Qualitäten und Rahmenbedingungen des Ortes bestmöglich nutzt und sich in die Umgebung einfügt. Für die Grundstücksfläche wurde ein Nutzungs- und Bebauungskonzept mit einer hohen städtebaulichen Qualität erwartet, mit der Zielvorstellung einer Wohnnutzung und Funktionsbau.

Es soll ein reines Wohngebiet mit Gemeinschaftsflächen im Außenbereich entstehen. Gegebenenfalls ist ein andienendes Kleingewerbe zur Nahversorgung möglich. Die Zielvorstellung der Ausloberin ist eine Wohnnutzung für Jung und Alt, barrierefrei und sozial inklusiv.

Es sollten zwischen 210 und 280 Wohneinheiten geplant werden. Dabei soll ein Wohnungsmix von Einzel- bzw. Single-Apartments (ca. 35 qm), Paarwohnen mit ca. 65-80 qm, über »familiäres« Wohnen ca. 80 - 100 qm bis hin zu Wohngemeinschaften für vier oder mehr Personen berücksichtigt werden. Es ist ein Wohnungsmix gewünscht, der eine inklusive gemeinschaftliche aber durchaus ausdifferenzierte Wohnform anbietet, die Jung und Alt nutzen können.

In Mülheim an der Ruhr gibt es einen erhöhten Entwicklungsbedarf an barrierefreiem Wohnraum. Zudem sollen grundsätzlich barrierefreie - und altersgerechte Wohnungen geschaffen werden. Es soll ein großes Angebot an bezahlbarem Wohnraum geschaffen werden.

BEURTEILUNG DES ERSTEN PREISES DURCH DAS PREISGERICHT

 Die Grundidee und das städtebauliche Konzept des Entwurfes ist bestimmt von der Anordnung von Wohnhöfen entlang einer klar definierten Freiraumachse in Ost-West-Ausrichtung. Die Maßstäblichkeit und Typologie führt in schlüssiger Art und Weise diese vorhandene Struktur fort.

Diese Grünachse gliedert sehr schön das Quartier und verbindet den neuen Bereich mit dem Fliedner Dorf. Das Parkhaus am Ende der Achse konterkariert aber die gewünschte Durchlüftung.

Die Nord-Süd-Achse wird nicht bis zum südlich gelegenen Bach geführt. Eine alternative Lage des Grünzuges zwischen Bestand und Plangebiet wäre zu prüfen. Der öffentliche Freiraum besitzt hohe Potentiale für die Naturerfahrung, Wasserrückhaltung und gemeinschaftliche Aktivität.

Die Anordnung der Gebäude lässt eine hohe Wohnqualität erwarten und weist einen doppelten Freiraumbezug auf. Dieser findet sich zum einen zum Hof orientiert und zum anderen zur Freiraumachse.

Die vielfältige Nutzungsmöglichkeit der Freiraumfläche ergibt sich aus der großräumigen Anordnung des Grünzuges. Hier könnte noch stärker auf die vorhandene Topographie eingegangen werden und es stellt sich die Frage, in wieweit die häufigen Wege-Zäsuren unbedingt notwendig sind.

Die Möglichkeit der dreiseitig angebauten Höfe lassen ein breites Spektrum an Wohnformen zu und auch im Hinblick auf die geforderte Reaktion auf Mehrgenerationenwohnen weist die Anlage eine nötige Flexibilität auf.

Die Erschießung der Höfe erfolgt jeweils vom Rand des Plangebietes aus, so dass die Freiraumbereiche vom Verkehr komplett freigehalten werden. Kritisch ist die Anordnung des Parkhauses resp. der Abschluss zur Kölner Straße. Dieses Entree bzw. die Position des Parkhauses lässt kein adäquates Entree zum Plangebiet zu. Ebenso spricht gegen die bisherige Anordnung des Parkhauses die Frischluftzufuhr auf dem Gelände in Ausrichtung der geplanten Grünachse. Die Wege- und Straßenführung ist nicht klar auf den ersten Blick definiert und hat keine klare Anbindung an die Kölner Straße. Die Inszenierung des Einganges zum Plangebiet weist noch wenig Spannung auf. Es fehlt hier an einer einladenden Geste oder an einem entsprechenden Gebäudeensemble am Anfang bzw. Eingang des Plangebietes.

Die Erschließung ist ausreichend dimensioniert und die dezentralen Stellplätze werden als sehr vorteilhaft angesehen.

 Das Regenwasser aus dem nördlichen Bereich wird in Retentionsflächen geleitet. Die südlichen Bereiche hingegen bleiben in der Entwässerung unklar.

 Die Höhenentwicklung der Gebäude sollten im Hinblick auf deren Geschossigkeit und daraus resultierender Wohneinheit- und Stellplatzanzahl überprüft ggf. sogar reduziert werden im Sinne der vorgegebenen Höhenentwicklung des Fliedner Dorfes. Die Abstände der neu geplanten Bebauung am Westrand des Plangebietes sind hinsichtlich ihres ausreichenden Abstandes zum Fliedner Dorf zu vergrößern.

 Die angebotenen Gebäudestrukturen sollten hinsichtlich der Laubengänge und Gebäudetiefen geprüft werden. 

VERFAHREN UND ABLAUF

Der Wettbewerb wurde nach den Richtlinien für Planungswettbewerbe RPW 2013 von der Theodor Fliedner Stiftung ausgelobt. Die Wettbewerbsbetreuung erfolgte durch das Dortmunder Büro post welters + partner Architekten & Stadtplaner BDA/SRL. Insgesamt waren zehn Büros aufgefordert, eine Wettbewerbsarbeit einzureichen, davon gingen acht Konzeptideen anonym ein.

Ziel eines Wettbewerbes ist es, für Bauherren und Nutzende eine optimale und wirtschaftliche Lösung der Planungsaufgabe zu erreichen, die am besten durch den Vergleich unterschiedlicher Alternativen möglich ist. Wichtige Anforderungen, die bei einem fairen Wettbewerb erfüllt werden müssen, sind unter anderem die anonyme Beurteilung aller Wettbewerbsbeiträge und die Bewertung der Arbeiten durch ein unabhängiges Preisgericht.

Die Teilnehmer erhielten am 30. August 2022 die Aufgabenbeschreibung und die ergänzenden Planunterlagen. Am 15. September 2022 fand ein Einführungskolloquium mit den teilnehmenden Büros und den Mitgliedern des Preisgerichtes statt. Zudem wurde das Plangebiet gemeinsam besichtigt. Hier konnten letzte Rückfragen zum Verfahren und zur Wettbewerbsaufgabe gestellt und geklärt werden. Die Entwürfe mussten dann bis zum 24. November 2022 eingereicht werden. Nach einer Vorprüfung der Arbeiten durch das Büro post welters + partner tagte am 12. Januar 2023 das Preisgericht unter Vorsitz von Frau Prof. Dr. Hildegard Schröteler-von Brandt. Erst nach der Auswahl der Preisträger wurde dem Preisgericht die Urheberschaft der eingereichten Arbeiten bekannt gegeben, um eine größtmögliche Neutralität bei der Auswahl und Beurteilung der Konzepte zu gewährleisten. 

In einem nächsten Schritt wird nun das Preisträgerbüro mit der Überarbeitung des Wettbewerbsentwurfes zu einem städtebaulichen Rahmenplan beauftragt werden, der dann Grundlage für die Aufstellung eines Bebauungsplanes sein wird. Anschließend werden die architektonische und freiraumplanerische Ausgestaltung und die Realisierung voraussichtlich in Bauabschnitten erfolgen.